Dienstag, 29. Januar 2008

Heri der Juengste, Nico der Neue und Netti

Afrika erwacht

Der Muezzin betet mich morgens um fuenf Uhr wach, bald darauf kann der Hahn sich auch nicht mehr zurueckhalten und schreit seinen Morgengruss...Afrika oeffnet seine Augen - ich hingegen drehe mich nochmal um und wuensche mir eine Grippe mit Heiserkeit fuer den Muezzin und den Hahn samt Anhang vor meinem Zimmerfenster als Abendessen fuer die Jungs...die wuerden sich vielleicht freuen. Letztens hatte Heri, der Juengste, einen kugelrunden Bauch und ich hab ihn nach dem Grund gefragt. Er hat mich angestrahlt als waere ihm gerade das Christkind begegnet und meinte "dada, we ate meat from a pig"...
Aber nun zurueck zu einem der vielen Morgen in Tabora. Ich kaempfe mich aus meinem Moskitonetz, eine schnelle Katzenwaesche und ab geht's zum Fruehstueck. Die Koechin hat schon Chapati (indische Pfannenkuchen ohne Ei) fuer uns gemacht und die lassen wir uns mit Honig (liebe Gruesse an das Paletti-Team von der Honigfrau) und einer Tasse "Africafe" mit viel Milch schmecken - mhhhh!! Das Fruehstueck ist fuer mich - wie auch schon Zuhause - etwas ganz besonders Schoenes...danach gehtes auf in den Tag!!

Dienstag, 22. Januar 2008

Bei den Sisters

Ema hat Polio und sitzt mittlerweile im Rollstuhl. Er kann also auf Dauer wegen des hohen Pflegeaufwandes nicht hier bleiben, ist aber wahnsinnig interessiert und auch sehr clever, z. B. hat er mit meiner Kamera schon super Fotos gemacht und erklaert den Jungs in der study-time auch mal was auf Suaheli, wenn sie es auf Englisch nicht verstehen wollen - was aber durchaus auch an meinem hervorragendem Englisch liegen kann *lach*. Er soll auf alle Faelle weiterhin auf eine Schule gehen koennen, das will auch Father Samy. Eine Moeglichkeit waere ihn bei den Sisters unterzubringen. Samy will mit ihnen sprechen und nimmt uns mit, damit wir die Arbeit der Sisters kennen lernen.
Wir werden in einem wunderschoen gepflegten Garten herzlich empfangen. Was mir schon laenger auffaellt ist, dass die Nonnen, Brueder und Pfarrer hier den Menschen viel naeher sind - zudem bekommt man bei ihrem Anblick nicht gleich ein schlechtes Gewissen, weil man letzten Sonntag nicht in der Kirche war und den davor auch nicht, weil zwischen der letzten Beichte und heute mehr als 10 Jahre liegen und man generell nichts vom Beichten haelt, weil man es doch kaum "abbeten" kann, wenn man beispielsweise jemanden kaltbluetig umgebracht hat!? Nein, also das ist mir zu einfach. Aber zurueck ins Mutter Theresa Heim. Eine der Schwestern macht "die Runde" mit uns, welche uns zuerst ins Babyzimmer fuehrt. Die Kleinen werden von einer Frau ohne Beinen und einer Schwester betreut und das Juengste ist gerade mal 2 Wochen alt. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schlecht es mir gehen muesste, damit ich es auf der Strasse liegen lasse. Aber hier gibt es durchaus solche unvorstellbaren Situationen, ein Kind nicht ernaehren zu koennen und man darf auch nicht vergessen, dass die Leute hier andere Probleme haben als "wie wird aus meinem Kind ein Genie". Eigentlich will ich kein Baby auf den Arm nehmen, weil ich dieses "oh wie arm und suess - duzi, duzi" fuer fuenf Minuten ziemlich daneben finde, aber die Haende der Betreuerinnen sind besetzt und ein Baby sitzt auf dem Boden und hoert nicht auf zu schreien. Ich nehme es auf den Arm und beruhige es (mit wunderschoenem Gesang *lach*)...als wir wieder weiter muessen krallt es sich aber so fest und bruellt, dass ich es nicht ueber's Herz bringe, es weg zu reissen. Eine der Frauen bemerkt meine Zwickmuehle und legt ihr King beiseite, um meines zu "uebernehmen". Puh, bin ich froh, dass ich nicht hier arbeite, sonst haetten meine Eltern bestimmt schon mindestens ein Enkelkind mehr.
Weiter geht es zu den Kleinkindern. Als wir die Tuere oeffnen erschrecke ich - ein kahler Raum ohne Spielzeug...nur der Betonboden und viele, viele Kinder. Ich wusste gar nicht, wie faszinierend der Reissverschluss meiner Hosentasche ist...sie greifen sofort nach allem, womit man auch nur im geringsten spielen kann. Man erklaert uns, dass sie alle Spielsachen sofort kaputt machen wuerden, aber ein paar Holzkloetze waeren meiner Meinung nach schon schoen. Jetzt weiss ich auch, warum unser Moses so ein Traeumer ist. Er ist in diesem Heim aufgewachsen und traeumen war der einzige Weg, diesem grauen Zimmer zu entkommen.
Am Boden sitzt ein Maedchen mit einem Klumpfuss, sie hat eine schwere Operation hinter sich und die Fliegen machen sich ueber die Wunde her. Ich finde es grausam und versuche sie zu verscheuchen - ihr dagegen scheint die Kraft dafuer schon ausgegangen zu sein - verstaendlicher Weise!
Im naechsten "Trakt" begruessen wir die alten Menschn und scheinen eine willkommene Abwechslung im Alltag zu sein, es ist schoen sie lachen zu sehen und ihnen die Hand schuetteln zu duerfen. Am Schluss begruessen wir die koerperlich und geistig Behinderten. Viele haben einen Klumpfuss oder gar keine Beine, ein schwarzes Loch im Schaedel anstatt einem Auge, zum ersten Mal nehme ich Lepra als Krankheit bewusst wahr, ein Mann kriecht am Boden...normalerweise haette ich Beruehrungsangst, aber hier wundere ich mich ueber mich selbst. Die einzigen, bei denen ich Probleme habe, auf sie zuzugehen sind die geistig Behinderten, die staendig "wie verrueckt" loslachen - ich weiss nicht warum und schaue etwas unsicher nach rechts zu Fizzi. Sie stockt auch etwas und wir sind beide froh, als wir die Gruppe "ueberspringen" koennen, weil die Pflegerin uns bereits zu den naechsten winkt.
Als wir wieder im Garten sind scheinen alle recht froh zu sein, es wird nicht mehr viel gesprochen, jeder muss die letzte Stunde erst einmal verarbeiten. Aber in einer Sache sind wir uns einig, was die Sisters hier leisten ist unvorstellbar und es gibt nicht viele Menschen mit soviel Mut und Kraft!
Doch Ema wuerde sich hier nicht wohl fuehlen, hoffentlich finden wir einen anderen Weg fuer ihn!!

Mittwoch, 16. Januar 2008

"Im Paradies" oder "die ersten Traenen"

Am Wochenende waren wir in Itaga, einem Dorf das ca. 20 km - also eine halbe Weltreise - von Tabora entfernt liegt. Bei der Autofahrt dorthin habe ich mich zum ersten Mal gefragt, ob eine Ueberfuehrung in meiner Auslandskrankenversicherung eingeschlossen ist *lach*! Es gibt hier kaum asphaltierte Strassen, die meisten Hauptverkehrswege sind Sandstrassen mit Schlagloechern, die so gross und tief sind, dass sie fast mit Papas "Teich" ;-) mithalten koennen. Wenn ein Auto kmmt, was nicht sooo oft der Fall ist, dann wird gehupt und die Menschen auf den Fahrraedern fahren an die Seite oder vor Schreck gleich weiter in den Graben *lach*. Die Nebenstrassen sind unbeschreiblich, unsere Feldwege sind Highways dagegen!!!
In Itaga war es wunderschoen. Der Garten des Priesters, bei dem wir gewohnt haben war ein Paradies mit Bananen-, Orangen-, Zitronen-, Papaja-, Maracujabaumen...
Am Samstag haben wir am Igombe See gepicknickt und es war alles wunderbar, bis mich ein Insekt gestochen hat. Es war, als wurde in kuerzester Zeit das Gift in mir ausbreiten, ich wurde knallrot (mit weissen Punkten - sehr schick;-)), die Ohren und der Gehoergang sind angeschwollen, die Luftroehre tat sehr weh und es hat alles so wahnsinnig gejuckt. Nach laengerem hin und her haben wir dann eine deutsche Aerztin aus Tabora telefonisch erreicht. Sie hat mir versichert, dass die Luftroehre wenn dann innerhalb der ersten Stunde zugemacht haette, zudem hat sie mir Tabletten empfohlen und sollte es nicht besser werden, wuerden sie mich sofort abholen - das war schon mal sehr beruhigend. Der Priester hat dann irgendwie und irgendwo die Medikamente aufgetrieben - und schon nach einer Stunde war es schon sehr viel besser. Die Leute hier tippen auf einen kleinen Skorpion, ich kann es nicht sagen, weil ich es unterm T-Shirt gepackt und sofort weg geworfen habe.
Der naechste Tag war dafuer umso schoener, wir sind in ein total abgelegenes Dorf gefahren, wo der Priester eine Messe gehalten hat - mit Trommeln und viel Gesang. Es wurden auch noch sechs Kinder getauft und der Dorffotograph hat ein Foto von den "Musungus" (Europaeern) und der ganzen Gemeinde gemacht. Als ich ihm meine Kamera in die Hand gedrueckt habe war er etwas ueberfordert, aber er hat es geschafft;-)!! Naechste Woche kann ich Euch hoffentlich ein paar Fotos zeigen!

Mittwoch, 9. Januar 2008

Das Ziel

Am Flughafen warten Judith, Tini und Fizzi auf mich. Sie werden noch bis Anfang Februar hier sein und darueber bin ich sehr froh! Sie haben mir den Start im Foster childrens home total leicht gemacht.
Als wir ankommen spilen die Jungs Fussball. Ein paar kommen gleich angelaufn und wollen wissen, wie die neue Sister denn so ist. Das erste, was ich auspacke ist mein Verbandsmaterial fuer Rama, der sich beim spielen ein Stueck vom kleinen Zeh weg gerissen hat, das noch mehr schlecht als recht am Zeh haengt (mittlerweile hat der Brother es mit der Schere abgeschnitten, damit er nicht immer haengen bleibt). Fizzi warnt mich, vorsichtig zu sein, weil sie nicht wissen, wer von den Kinder HIV-infiziert ist. Ich bin froh es nicht zu wissen, vielleicht wuerde man unbewusst dann doch anders mit denjenigen umgehen.
Nach einer Dusche, die aus einem Schoepfgefaess und einem Eimer Wasser besteht (klappt besser als erwartet), essen wir zusammen und ich erfahre von den Maedels so einiges ueber Father Samy, den Leiter des Projekts, Brother Innocent und die Kinder. Die Kinder wohnen im Haus nebenan, es ist in Afrika nicht ueblich, dass Kinder und Eltern zusammen wohnen. Wir treffen sie nach dem Essen im Hof.
Anders als erwartet macht mir nicht das einfache Leben zu schaffen, sondern mehr die Kinder. Es sind gebrannte Kinder, die sehr auf der Suche nach Naehe und Aufmerksamkeit sind. Damit habe ich gerechnet, doch wenn so viele fremde Haende an dir zerren kann das schon mal sehr anstrengend werden. Aber ich kann jeden Tag besser damit umgehen und koennte ein paar wirklich fressen, so lieb sind sie. Besonders gern hab ich Moses (er wurde auf der Strasse gefunden und von Schwestern aufgezogen, deswegen der Name), er ist ein Traeumer so wie ich!

Montag, 7. Januar 2008

Der Weg

Als ich endlich - meinem Ziel ganz nah - im Flieger Richtung Tabora sitze, wartet ein kleines Maedchen schon neugierig auf ihre Platznachbarin fuer diesen Flug. Sie strahlt mich mit ihren grossen schwarzen Augen an, es bedarf keiner Worte - wir moegen uns. Langsam schiebt sie ihren Arm in meine Richtung und beruehrt mich...so fuehlt sich also weisse Haut an:-). Als ich versuche ein wenig zu schlafen, schrecke ich hoch, als ich etwas in meinen Haaren spuere - sie zieht ihre Hand schnell zurueck und wir muessen beide lachen.
Ich habe wahnsinnigen Durst, als endlich der Steward kommt und uns zwei Dosen Fanta bringt. Meine Dose ist schnell leer und sie bietet mir sofort an, ihre Dose mit mir
zu teilen, als sie es bemerkt - ich bin hin und weg...EIN TOLLER START IN DIE FREMDE WELT!!

Der Weg