Dienstag, 29. April 2008

Fruehstuecken auf afrikanisch

Eine Seefahrt die ist lustig...

In Mwanza schnuppern wir zum ersten Mal 'modernes' Afrika. Wir geniessen in einem wunderschoenen Restaurant direkt am See Tilapia-Fisch, freuen uns wie kleine Kinder an Weihnachten ueber einen Supermarkt, der ungefaehr halb so gross ist, wie der Baecker Kornprobst und dessen Christkind als fetter Weihnachtsmann verkleidet an der Kasse sitzt und schmierig grinst...naja, bei der Beute wuerde ich mich auch freuen, wir haben naemlich gerade fuer Vollkornkraecker, Marmelade, Margarine, Vollkornkekse und Schablettenkaese das halbe Monatsgehalt einer Koechin (13 Euro) auf den Putz gehauen. Aber der absolute Hammer kommt erst noch: die warme Dusche von oben. Wenn mir mal irgendjemand gesagt haette, dass mich eine Dusche gluecklich machen wird, den haette ich schier fuer verrueckt gehalten - aber jetzt wo's da so von oben plaetschert und ich singend und tanzend -soweit das auf engstem Raum, den ich auch noch mit der Toilette teilen muss moeglich ist- drunter stehe, wuesste ich fuer den Moment nicht, was mir zum vollkommenen Glueck noch abgeht!
Am Abend geht es dann mit der MS Serengeti ueber den Viktoriasee nach Bukoba. Wir sichern uns eine Bank auf dem ueberdachten Deck des 'Seelenverkaeuferschiffes', wie es Carola so schoen nennt. Als das Schiff abgelegt hat wird jede Menge Bier verkauft und getrunken. Es kommt zu einem Streit zwischen zwei Maennern und einer zieht ein Messer, steckt es dann aber schnell wieder weg als die Schiffspolizei im Anmarsch ist, setzt sich neben seine Frau, isst in aller Seelenruhe weiter und tut, als waere nichts geschehen. Als die Polizisten erscheinen um nach ihm zu fahnden merkt man richtig, wie sich die Stimmung auflaedt bis eine aeltere Frau auf den Mann deutet und "Messer, Messer" schreit. Alle Passagiere stimmen ein. Die Luft ist geladen von der Aufgebrachtheit und Aggressivitaet der Masse. So stelle ich mir die Situation vor, wenn hier ein Dieb entlarvt und im wahrsten Sinne des Wortes gesteinigt wird. Na einen Vorteil hat das Schiff, es sind keine Steine in Sicht. So nimmt die Polizei dem Mann das Messer weg und fuehrt ihn ab. Unter den Passagieren wird wild diskutiert - wer ist schuld, wie kam es...und wer sitzt mitten im Geschehen? Die zwei Wusungus Carola und Annette.
Irgendwann kommt die Frau des 'Messerziehers' zurueck und waescht -zusammen mit ihrer Freundin- die Blutspitzer aus ihrem Ballkleid. So wie die sich in Schale geworfen hat, hat sie sich von ihrem Ausflug wohl auch was anderes erwartet und ich moechte gar nicht wissen, was mit ihrem verehrten Gatten geschehen ist. Er scheint aber noch am Leben zu und an Bord zu sein und das zu wissen beruhigt unwahrscheinlich. Die weitere Fahrt verlaeuft -wenngleich ich kein Auge mehr zumachen kann- friedlich. Der Einzige, der jetzt unbedingt rebellieren will ist mein Magen, was in Anbetracht der Situation - dass man sich durch die ganze Menschenmenge auf ein Klo zwaengen muss, das wieder einmal volle Punktzahl erhaelt - nicht gerade das Angenehmste ist! Trotzdem erreichen wir wohlbehalten Bukoba, ein wunderschoenes Staedtchen wo wir uns ein paar wohlverdiente Relaxtage goennen - jedoch immer mit dem festen Ziel "einem Gorillatrek in Ruanda" vor Augen.

Ein traumhaftes Geburtstagfruehstueck

even wooden diamonds are the " girls' " best friends

Donnerstag, 17. April 2008

Steiner Reisen meets Mohammed Tours

Brother Innocent klopft an meine Tuer "Aneth, Aaaaneth!"...es ist fuenf Uhr morgens und Zeit aufzustehen - Ruanda wartet!
Father Samy bringt uns zum Bus und weil wir die Tickets zwei Tage im voraus gekauft haben - typisch deutsch halt - sitzen wir nicht nur beim deutschen Fernsehen, sonder auch bei Mohammed Tours in der ersten Reihe. Ich seh mich um - die Spruenge in der Windschutzscheibe sind mit schwarzem Klebeband geflickt und ueberhaupt leistet dieses Klebeband im Innenraum des Busses gute Dienste: es haelt Armaturen zusammen, verstaut lose Kabel etc.! Ich ruettle an meinem Sitz, der scheint fest verankert zu sein, wobei ich ja auch noch ein bisschen Leukoplastklebeband im Rucksack haette! Der Fahrer macht es sich auf seinem Sitz bequem und wird natuerlich sofort von oben bis unten begutachtet und charakterisiert. Er ist etwas aelter, was uns auf Erfahrung und moderate Risikobereitschaft schliessen laesst, zudem wirkt er ausgeschlafen und nuechtern - na das erhoeht die Ueberlebenswahrscheinlichkeit doch schon einmal ungemein!! Schon beim Ticketkauf habe ich den Mann am Schalter gefragt, ob man den Werbeslogan "Safe, fast and comfortable" nicht auf "Safe and comfortable" reduzieren koennte, woraufhin ich 'unerwarteter Weise' schallendes Gelaechter geerntet habe - mei die Wusungus diese Warmduscher! Ja, da war mir auch noch zu Lachen zumute, aber jetzt, in Anbetracht der Tatsache, dass der erste Teil der Strecke ueber eine Sandstrasse fuehrt, die waehrend der Regenzeit eher einem Schlammschlachtfeld gleicht - naja, Augen zu und durch. Wenn die Strasse sich auf einer Seite zu sehr gesenkt hat und die Schraeglage des Busses ein gefuehltes Maximum erreicht, versuche ich mich entgegen zu lehnen und mit meinem Koerpergewicht auszugleichen. Ok, mir ist durchaus klar, dass ich dafuer kein Bundesverdienstkreuz zwecks einem verhinderten Busunglueck bekommen werde, aber somit bin ich zumindest beschaeftigt und habe nicht zuviel Zeit mir auszumalen wie ich meinen Eltern klar mache, dass wir in diesem "Klebebandwunder" 600 km zuruecklegen muessen. In Gedanken sehe ich beide schon kreidebleich neben mir sitzen und den vorwurfsvollen Blick von Helene, der bedeutet: Annette, wirst du niemals gscheider? Ja, ich haette auch einen Flug buchen koennen, aber irgendwie glaube ich, man hat Afrika nicht erlebt, wenn man sowas nicht mitgemacht hat...
Wir erreichen Nzega auf alle Faelle unversehrt und nach einer Toilettenpause geht es bis Mwanza am Viktoriasee auf einer Teerstrasse weiter.
Da wir mittlerweile Noten fuer -im wahrsten Sinne des Wortes- besonders umwerfende Klos vergeben, erhaelt das in Nzega volle Punktzahl, also eine glatte Eins. Zuerst muss man ueber Steine, die im Gang liegen, weil sich dort das Regenwasser und sonstige Flussigkeiten sammeln, in einen Raum ohne Tuer balancieren, der lediglich gefliest ist. Das aber mit Gefaelle, damit 'alles' nach hinten ablaeuft, wo sich dann ein kleines Loch befindet, das nach draussen fuehrt - na, Prost Mahlzeit, das grosse 'Geschaeft' muss dann wahrscheinlich vom Besitzer selbst entfernt werden und ganz nebenbei - eine Schaufel war nicht in Sicht. Meine Cousine Christiane wuerde in so einem Fall sagen "alles was und nicht umbringt macht uns nur noch haerter" und damit hat sie sicherlich auch recht - wobei sie jetzt in Miami wahrscheinlich auf einer beheizten Klobrille sitzt und sich auf dem an der Decke montierten Flachbildschirm eine amerikanische Soap anschaut...dabei frage ich mich, was mehr weh tut, amerikanisches Unterhaltungsfernsehen oder afrikanischer Gestank!?
Zurueck auf der Strasse werden wir fuer alle "Strapazen" mit einer wundervollen Aussicht belohnt "Weite, Weite, Weite" und dazwischen ein paar Lehmhuetten vor denen Leute sitzen und winken. Motorisierte Fahrzeuge gelten hier noch als kleine Wunder und genau so verhalten sich auf die Fahrer - wie Goetter, die sich nicht scheuen ueber Leben und Tod zu entscheiden - die Helden der Strasse...wie of ich mir die gedanklich schon vorgeknoepft habe!
Ploetzlich kommt der Bus zum Stehen - schon wieder Toilettenpause? Nein, nur eine kleine Panne versichert uns der nette Busfahrer. Es wird eine Schnur vom Motorraum in den Bus gespannt, die ab sofort einer der Busbegleiter festzuhalten hat und weiter geht's!
Den naechsten Stopp machen wir an einer Tankstelle, an der wir waehrend des Tankvorgangs aussteigen muessen, damit uns nichts passiert, wenn das Ganze schief und somit in die Luft gehen sollte. Eigentlich schon nachvollziehbar und sehr sinnvoll. Allerdings frage ich mich, wie eine Tankstellenexplosion in der afrikanischen Vorstellung aussieht? Es bewegt sich naemlich nicht wirklich jemand mehr als zwei Meter vom Bus weg!! Naja, ich kenn es ja auch nur aus dem Fernsehen und wer weiss wie ich es mir sonst ausmalen wuerde!? Aber es muss keiner von uns erleben und das ist die Hauptsache.
Bald haeufen sich die Strommasten und wir wissen, dass Mwanza nicht mehr weit ist - bis uns schliesslich der Viktoriasee zu Fuessen liegt. So gross wie Oesterreich - WAHNSINN!!

Sonntag, 6. April 2008

Grenzgaenger

Ich hab' die halbe Nacht nicht geschlafen und tappe, sobald mir der Muezzin den Morgen ankuendigt, aus der Tuer meines Zimmers. Im Gang brennt eine Kerze. Mittlerweile freue ich mich zwar nicht mehr ganz so ueber das flackernde warme Licht, weil es gleichzeitig 'keinen Strom' bedeutet aber trotzdem hat es auch etwas, morgens den grellen Neonroehren nicht gleich 'ins Gesicht' blicken zu muessen. Der erste Weg fuehrt in die Kueche zu unseren drei zweitage alten Katzenbabies.
Die Katzenmutter nimmt sie nicht an, was uns gestern beim Abendessen mal wieder eine kleine 'Kulturkonfrontation' beschert hat. Ich wollte dabei nicht Robin Hood fuer Katzen spielen, zumal ich ja auch der Meinung bin, dass es nicht gerade die gelungensten Geschoepfe auf Gottes grossen Boden sind...aber sie klaeglich verhungern zu lassen finde ich nicht gerade die feinste Art, wenn auch sehr afrikanisch - Dinge so lange ignorieren bis sie sich von allein erledigen und dabei die Ausdauer nicht verlieren - fuer einen Deutschen faszinierend und nervenaufreibend zugleich!
Beim Father ist das eigentlich nicht so, aber Katzen empfindet er als so gaenzlich ueberfluessig, dass sie keines Wortes wert sind und schon gar nicht beim Abendessen. Als ich das Thema anspreche weiss ich, dass ich auf Unverstaendnis stossen werde - der Brother grinst, es war ihm wahrscheinlich klar, dass ich meinen Mund nicht halten kann. Am liebsten wuerde er naemlich selbst was sagen, dass gestattet ihm allerdings die katholische Hierarchie nicht. Trotzdem ist es schon einmal beruhigend 'Rueckendeckung' fuer den 'Notfall' zu haben. Wir diskutieren hin und her, wobei fuer mich 'das Ende vom Lied' laengst klar ist - es gibt nur zwei Moeglichkeiten: UMBRINGEN oder FUETTERN. Der Father ist viel zu 'peace' - so wuerde meine Cousine Susi sagen - als das er selbst Hand anlegen koennte. Aber fuettern...also wenns ein lebendiger Hasenbraten waere, dann ja - aber so!? Er fragt mich, ob ich ihnen nicht den Todesstoss geben koenne und erwartet ein europaeisch-schockiertes 'OH NO!!!!!' und damit einen gleichzeitigen Sieg seiner Seite. So schnell gebe ich mich aber nicht geschlagen und wenn er sich nicht scheut zu unlauteren Mitteln wie dem deutschen 'Weicheigemuet' zu greifen, dann muss ich ihn da leider enttaeuschen. Natuerlich kann ich sie umbringen, er soll mir seinen Autoschluessel geben, dann fahr ich drueber (was ich natuerlich niemals koennte)...ok, das war zuviel Gewalt fuer ein indisches Priester-Peace-Herz...er uebergibt die Katzen und ihre Zukunft ganz in meine Haende und macht deutlich, dass
er das Thema jetzt vom Tisch haben will.
Nach dem Essen mixe ich Milch mit Wasser, missbrauche eine von Silvias Spritzen, die sie mir fuer Notfaelle mitgegeben hat und fuettere die Katzen. Sabine macht die drei
'nestrein' und Brother, der sonst so afrikanische Hardliner outet sich und macht ihnen mit alten Stofffetzen in einem Blecheimer ein Bettchen, was er in die Kueche
neben den Eimer stellt, in dem die Glut fuer's Kochen ueber Nacht aufbewahrt wird...damit sie es auch schon warm haben. Ausserdem bietet er mir noch an, sie am naechsten Tag zu fuettern, wenn ich in der Schule bin und ganz ehrlich - ich glaube, dass er mir damit nicht nur einen Gefallen tun will, sondern sich auch richtig darauf freut!
So stehe ich also am naechsten Morgen um fuenf Uhr in der Kueche und bekomme einen Schock - im Katzennest liegen drei leblose Katzenbabies. Erst als ich eines herausnehme hoere ich ein leises, sehr schwaches Katzengeschrei. Ich bin richtig gluecklich - alle haben die Nacht ueberstanden.
Mit dem Father sitze ich zwei Stunden spaeter beim Fruehstueck, wir unterhalten uns wie immer ueber Gott und die Welt, lachen viel und wissen beide sehr gut, sie wir solche unterschiedlichen Auffassungen mit dem Stempel "Kulturunterschied" versehen zu den Akten legen koennen.

Samstag, 15. März 2008

Unsere 'Promotiontour'

Wissen ist Macht

In den Freistunden an der Schule besuche ich meistens Carola und Anne im 'Blindhouse', wo Blinde im Toepferhandwerk ausgebildet werden. Geleitet wird das Ganze von einer deutschen Familie. Gabi und Rainer, der selbst blind ist, sind mit ihren drei kleinen Kindern hierher gekommen um das Projekt zu koordinieren. Mittlerweile sind sie aber die meiste Zeit damit beschaeftigt ihre Kinder und sich selbst von Malaria zu kurieren. Da fraegt man sich dann, ob eine Hilfe, bei der man das Leben seiner Kinder auf's Spiel setzt wirklich noch im Verhaeltnis steht? Der Kleinste ist gerade ein paar Monate alt und hatte schon mehrmals Malaria. Es kann auch durchaus mal passieren, dass die beiden anderen einen Skorpion in ihrer Legokiste finden...alles ganz normal fuer Afrika, aber unsere Kinder haben eben nicht das Immunsystem von afrikanischen und auch wir nicht. Den Brother haut es ja heute vor Lachen noch schier vom Stuhl, wenn ich ihm von meinen rot-weiss gefleckten Koerper nach meinem Insektenbiss erzaehle...wobei das wohl eher daran liegt, dass er sich mit den rot-weissen Flecken relativ schwer tun wuerde *lach*!
Um das 'Blindhouse' vielleicht irgendwann soweit zu bringen, dass es sich selbst traegt, werden Wasserfilter zu den Gebrauchswaren produziert. Diese bestehen aus einem Plastikeimer in den ein Tongefaess gestellt wird, durch das das Wasser gefiltert wird. In Tabora koennen die Filter mit dem Argument der Zeit- und Holzersparnis durch das nicht mehr notwendige Abkochen verkauft werden. Um aber auch die Doerfer zu erreichen fahren wir am Samstag nach Kipalapala, einem kleinen Ort mit ein paar Lehmhuetten. Alfred der afrikanische 'Marketingmanager' stellt das Produkt vor. Die Menschen sind skeptisch, da sie es gewohnt sind, das dreckige Wasser aus dem nahegelegenen Fluss zu trinken. Sie fragen, was geschieht, wenn sie ab jetzt gefiltertes Wasser trinken!? Auch das gaengige Verkaufsargument zieht nicht, das das Wasser dort nicht einmal abgekocht wird. Es ist ihnen nicht klar, dass ihre Krankheiten, die oftmals den Tod mit sich bringen haeufig durch die Parasiten im Wasser hervorgerufen werden. Zudem kommt der Preis von circa 9 Euro. Es kann sich einfach niemand leisten. Unsere Tour, die mit soviel Zuversicht begonnen hat wird zu einem schwierigem Unterfangen. Natuerlich wuerde gerne jeder von uns einen Wasserfilter in jedes Haus stellen, aber das waere ein Tropfen auf den heissen Stein und ist auch nicht im Sinne des Projektes. Nach dieser 'Veranstaltung' machen wir ein Picknick unter einem der vielen wunderschoenen Mangobaeume und diskutieren das Problem von vorn nach hinten und von hinten nach vorne, wie es wahrscheinlich schon viele Missios vor uns getan haben. Das wir zu keinem Ergebnis kommen werden, weiss wohl jeder von uns und trotzdem will sich keiner diese Machlosigkeit klar vor Augen halten. Mir wird von Tag zu Tag bewusster, wie sehr es in diesem Land an den Wurzeln der Bildung fehlt und was dieses fuer uns selbstverstaendliche Gut 'Wissen' ueberhaupt bedeutet. In Afrika bedeutet es in erster Linie Leben und Ueberleben. Es wird wohl optimistisch gerechnet noch mehrere Jahrzehnte dauern, bis hier kein Leben mehr aufgrund von Unwissenheit gelassen werden muss.

Freitag, 7. März 2008

Unsere kleine Farm

...es gibt wohl keinen passenderen Namen fuer dieses wilde Durcheinander von Mensch und Tier. Sie besteht aus dem Father, einem indischen Priester, der auch die Schule leitet, an der ich arbeite - dem Brother, der erst Priester wird und aus Moshi, einem Ort am Fusse des Kilimanjaro, kommt - der Dada Annetti eine Musungu (Europaerin) fuer Ortskundige Hilgertshausen/Gumpersdorf und den 34 Jungs, deren Herkunft sie selbst oftmals nicht genau bestimmen koennen. Ja und dann sind da noch ca. 3 grosse und 4 kleine Hunde, unzaehlbare Huehner, meine persoenlichen Hassobjekte die Perlhuehner, ein paar Dutzend Hasen, neuerdings drei Ziegen und da Eltern die Schulgebuehr ihrer Tochter in Naturalien gezahlt haben zwei Truthaehne. Vergessen darf ich auch nicht Brothers Freunde drei Katzen, die er extra im Hinterhof behaelt, damit die Kinder sie nicht zu Tode aergern und das meine ich genau so, sie ich es schreibe. Tiere sind in Afrika lediglich zum essen und arbeiten da und da die Kinder sich von ein paar Ratten in ihrem Haus nicht gestoert fuehlen, sehen sie auch keinen Grund, die Katzen am Leben zu lassen. Wenn ich hier erzaehlen wuerde, dass es bei uns extra Katzenmilch im Supermarkt zu kaufen gibt, Tiere fuer hunderte und tausende von Euros operiert werden und Hunde teilweise mit Schleifchen im Fell und passender Leine zum Herrchenoutfit rumlaufen, dann wuerden die Menschen, deren Kinder vielleicht nur einmal die Woche Milch in ihr Becherchen bekommen schier in Ohnmacht fallen - und das zu Recht. Trotzdem koennen wir daran nur bedingt etwas aendern und muessen nicht ab sofort in demuetiger Haltung und einem permanent schlechten Gewissen verharren, dafuer schreibe ich diese kleinen Geschichten nicht. Ich will lediglich die Dinge dieser fuer mich neuen Welt weitergeben, die mich zum Nach- und einem gewissen Umdenken bewegen. Ich weiss nicht ob man es den Blick fuers Wesentliche nennen kann, aber diese Zeit in Afrika veraendert und laesst vieles klarer werden. Es ist nicht nur dieses 'mei die Armen - haben wirs gut', es ist mehr, das was fuer mich zaehlt, was mir als wirklich wichtig erscheint.
Ich wurde hier wie ein neues Familienmitglied aufgenommen und fuehle mich mittlerweile auch genau so - ein kleiner Teil einer riesen Familie. Aber nicht nur ich, jeder Gast findet sofort seinen Platz, wenn auch oft nur fuer ein paar Stunden. Als ich naemlich die 'Bewohner dieser kleinen Farm' aufgezaehlt habe, waren die vielen kleinen Kinder vom Dorf nicht dabei, die vormittags bei uns 'unterrichtet' werden und Uji (Maismehlsuppe mit Zucker) bekommen, die Nachbarskinder und viele viele Gaeste, die ein- und ausgehen - jeder ist willkommen.
Letzte Woche habe ich Sabine getroffen, eine Studentin aus Heidelberg, die hier an der Blindenschule ein Praktikum macht getroffen. Sie hat sich dort in ihrem Zimmer einsam und nicht besonders wohl gefuehlt und war auch von 'Afrika' an sich etwas ueberfordert. Als ich das dem Father erzaehlt habe, hat er sie gleich zu uns eingeladen und mittlerweile wohnt sie fuer ihre drei Praktikumswochen im Zimmer neben mir. Diese gegenseitigen Hilfe um die kein grosses Aufsehen gemacht wird und die sowohl untereinander als auch zu uns Fremden selbstverstaendlich ist, davon hoffe ich ein Scheibchen mit nach Hause nehmen zu koennen.

Montag, 25. Februar 2008

Aus einer Muecke wird kein Elephant

Seit ca. 2 Wochen habe ich des oefteren ein bisschen Kopfschmerzen, die ich bis jetzt immer auf das Klima hier geschoben habe und die gelegentlichen Rueckenschmerzen auf meine Yogauebungen. Aussergewoehnlich war es auch nicht, als ich Halsweh, Schnupfen und Husten bekommen habe. Schliesslich ist gerade Regenzeit und alle Kinder sind erkaeltet...ein "Hand vor den Mund halten" beim Husten wollte ich einfuehren, hab es aber schnell wieder sein lassen - ein Ding der Unmoeglichkeit! Taschentuecher haben die Kinder auch nicht und bei jedem besonders inbruenstigen "Rotznase hochziehen" freue ich mich schon darauf, wenn meine Mama uns besucht, Heri in ihre Arme springt und ihr dann genuesslich ins Ohr rotzt - natuerlich ohne zu ahnen, was er ihr damit antut! Sie wird ihm ein Tempo geben, woraufhin alle eins haben wollen und Mission "Schneuzen" wird aufgrund Taschentuchmangel eingestellt werden:-). Woher ich das so genau wissen will? Ich bin ja nun mal die Tochter meiner Mutter und bei solchen Aktionen auch schon klaeglich gescheitert. Sei es bei ruelpsen, niesen oder husten die Hand vor den Mund zu halten oder zum "Gase ablassen" (Liebe Mama, dir zuliebe nicht mein Lieblingswort mit lang "oa"!!) vor die Tuer zu gehen. Nur bei "please" bin ich gnadenlos und Fragen ohne das Zauberwort werden grundsaetzlich ueberhoert. Schliesslich soll Carola (eine deutsche Toepferin, die in einem Blindenprojekt arbeitet) nicht ewig Grund zu der Aussage haben, dass die Kinder hier keine Erziehung haetten. Ich erklaere ihr jedes Mal, dass sie nicht vergessen darf, dass es Strassenkinder sind und wir einigen uns darauf, dass sie fuer Strassenkinder ein sehr gutes Benehmen haben.
Gerade geht Elias mit einer Schuessel Orangen an meinem Zimmer vorbei zu unserer Koechin Salome, die mir zur Zeit jeden Tag einen frisch gepressten Saft aus unseren Orangenbaumfruechten im Garten macht. Das erinnert mich an meine Grippe bei der ich war, bevor ich mich mal wieder in anderen Geschichten verloren habe. Ich stehe also am Freitag erkaeltet vor dem Wochenende, habe aber nicht vor, mich ins Bett zu legen, bevor mein Koerper mich nicht vollkommen lahm legt - wer legt sich schon gerne in einem fremden Land ins Bett, wenn es draussen so viel zu erleben gibt?! Am Samstag morgen gehen wir deshalb auf den Markt, es macht aber nicht so viel Spass wie sonst, ich schleppe mich durch und bin heilfroh, als wir uns endlich hinsetzen und eine Ingwer-Fanta trinken mhhh...danach will ich Heim. Kaum Zuhause angekommen, fuehle ich mich wieder kerngesund und freue mich auf einen Abend mit viel Ratsch und tollem Essen im Tabora-Hotel, dem besten Hotel am Platz. Es ist in einem Gebaeude untergebracht, das noch aus deutscher Kolonialzeit stammt - wunderschoen. Leider merkt man hier auch sehr schnell, wer es sich leisten kann am Abend beinahe 10 Euro
fuer ein Essen mit Nachspeise und einem Liter Mangosaft auszugeben und das sind zu 90% keine Einheimischen, sondern Europaeer und Araber. Trotzdem ist es einfach was Tolles alle paar Wochen an einem schoen gedeckten Tisch zu sitzen und die "koloniale Atmosphaere" - so mein Reisefuehrer - zu geniessen. Die Quittung fuer den super Abend bekomme ich am naechsten Morgen, beim Aufwachen weiss ich: jetzt ist sie erreicht, darf ich vorstellen, deine koerperliche Grenze! Ich sage bei Rainer ab, der heute seinen Geburtstag feiert und bleib liegen. Als es mir dann wieder ein bisschen besser geht, setze ich mich an den Schreibtisch und will Uebungen fuer die Kinder vorbereiten - sie haben schliesslich am folgenden Tag einen grossen Test, auf den ich sie noch vorbereiten will. Waehrend dessen bekomme ich heftige Kopfschmerzen, mit denen ich noch ein paar Minuten kaempfe, dann aber aufgebe. Auch zum Mittagessen kann ich nicht aufstehen, die Traenen laufen und laufen. Als Father und Brother mich sehen, schauen sie ganz beschaemt zu Boden, aber das kann ich ihnen nicht ersparen, da muessen sie jetzt durch. Ich denk an meine Mama, wenn sie Migraene hat wird es ihr schlecht, aber mir wird nicht schlecht, ich bin auch nicht benebelt, es ist ein ganz klarer stechender Schmerz. Ich rufe die deutsche Aerztin Ruth an, der ich am Vorabend noch versichert habe, dass es sich bei mir um eine stinknormale Erkaeltung handelt. Sie erklaert mir unmissverstaendlich ihre Diagnose "Malaria" und was ich auf's Spiel setze, wenn ich nicht sofort mit der Behandlung anfange - danach gibt es kein Ueberlegen, ich nehme die ersten vier Malariatabletten. Spaeter besuchen mich Carola und Anne und starren mich ganz unglaeubig an "wir ueberlegen uns schon die ganze Zeit, wie wir ein paar Koerner Reis in dich reinkriegen, damit du deine Tabletten nehmen kannst und sie sitzt hier und haut sich ein Mandarsi (kleine Krapfen) nach dem anderen rein" werfen sie mir lachend vor. Naja, da muss schon mehr passieren, dass mir der Appetit hier vergeht *lach*! Am naechsten Tag will mich der Father ins Krankenhaus bringen, aber ich fahre lieber mit dem Rad, weil ich dann in Ruhe auf mein Ergebnis warten kann und ich ihn nicht bemuehen will, weil ich ja der festen Meinung bin, dass ich nicht wirklich krank bin. Zwei kurze Kopfschmerzattaken, was ist das schon. Im Krankenhaus geh' ich zum "Test-Kiosk", den ich so getauft habe, weil er wirklich wie ein Kiosk im Freibad aussieht, nur das hier Bluttests angeboten werden - Malaria 1000 Shilling, Zucker 500 Sh., Diphterie 1000...
Nach 45 Minuten hab' ich es schwarz auf weiss - tatsaechlich Malaria. Ich radl Heim und alle sind sehr besorgt - "take it easy" sagt der Brother ganz mitleidig. Ich muss das Bett hueten und das faellt mir schwer, weil es mir eigentlich nur ca. 2 Stunden am Tag schlecht geht. Das sind dann Schuebe, die ich meistens ganz gut verschlafen kann - also alles halb so schlimm. Heute ist schon Mittwoch und ich habe die erste Nacht wieder durchgeschlafen. Das hab' ich dem Father dann auch gleich erzaehlt, er hat mir bestaetigt, dass ich auch wieder leise war und er meinen "Sound" nicht gehoert hat - oh je, die Armen - jetzt hab' ich ihnen in der Nacht auch noch war vorgeschnarcht- und philosaphiert *lach*!!!

Dienstag, 12. Februar 2008

Momentaufnahme

Ich muss vorab jetzt mal sagen, dass ich diese kleine Geschichte sofort nachdem ich sie erlebt habe geschrieben habe. Deshalb die Ueberschrift "Momentaufnahme". Mittlerweile habe ich mich beruhigt und sehe nach einigen Gespraechen mit verschiedenen Leuten hier die Sache schon etwas anders.
...
Am Samstag vor dem Abendessen werden unter einem Baum Baenke kreisfoermig aufgestellt und der Rosenkranz gebetet. Auch wenn wir am Wochenende komplett freigestellt sind und eigentlich auch gar nichts verstehen is es wunderschoen dort zu sitzen und die bestte Moeglichkeit einfach mal leer zu laufen, an nichts zu denken...wenn da an diesem Samsag nicht ploetzlich der Hund aufgejault haette. Dann ist alles blitzschnell gegangen - der Brother schreit den Wachmann an, dieser sprintet los, die Jungs hinterher. Father Samy erklaert uns, dass in dieser Woche vier Huehner gesohlen wurden und kurze Zeit spaeter kommen die ersten Jungs zurueck, sie haben ihn erwischt, den Huehnerdieb. Die Haende zusammengebunden wird er dann gebueckt laufend an uns vorbeigeschleift und unser Wachmann gibt ihm noch einen kraefigen Hieb, der weinende Junge schreit kurz auf und sie verschwinden im Haus, in dem die Jungen wohnen. Meine Gedanken rasen - ich haette etwas tun muessen, ich muss jetzt etwas tun und gleichzeitig weiss ich, dass ich nicht das Recht habe, mich in die afrikanischen Sitten einzumischen als grossartige europaeische Vertreterin des einzig Wahren und Gerechten. Was is ueberhaupt wahr und gerecht, kann ich das als Deusche hier beurteilen? Waehrend ich mit diesen Fragen noch total ueberfordert bin, stimmen alle wieder in das Rosenkranzgebe ein. Ich bin stinksauer und ueberlege in diese "katholische" Runde zu schreien, wie sie nur beten koennen waehrend der Junge im Haus geschlagen wird - wie scheinheilig!! Kaum gedach verwerfe ich es wieder und suche den Blick von Brother Innocent. Mit ihm hatte ich schon tolle Gespraeche und wenn man Probleme mit der Kultur hat, sie werden durch seine plausiblen, humorvollen und trotzdem ernsthaften Erklaerungen meist versteh- und akzeptierbar - aber auch er weicht mir aus und so gern ich ihn mag, in diesem "friss unsere Sitten oder stirb" - Moment wuerde ich ihn am liebsten gegen die Wand klatschen. Als sie das Abschlusslied singen klatsche ich nicht mit, das Ganze kommt mir so absurd vor und das will ich auch irgendwie zeigen - naja, nicht mitzuklatschen ist vielleicht nicht gerade die effekivste Art, aber es war fuer mich in diesem Moment die einzig realisierbare. Was wuerde es bringen aufzuspringen, seinen Dampf abzulassen, den Rucksack zu packen und abzuhauen? Nichts, aber auch rein gar nichts!!
...
Mittlerweile wissen wir von Father Samy, dass dieser Junge zu einer organisierten Bande von Strassenkindern gehoert und in letzer Zeit oefter hier bei unseren Jungs war. Einmal hat er ihm erlaubt hier zu uebernachten, Rama hat mit ihm sein Bett geteilt und das alles nur um auszuspionieren, wie er an die Huehner kommt...ja, der Vertrauensbruch ist Fakt. Auch Father und Brother verstehen, in welcher Lage sich der Junge befindet. Die Eltern sind gestorben und von den Verwandten wurde er abgelehnt. Sie wuerden ihn mit Sicherheit auch gerne aufnehmen, aber die Betten sind voll, es gibt hier einfach keinen Platz mehr. Ich kann es auch nachvollziehen, dass man gegen solche Banden was tun muss, bevor die Kinder aelter und die Kriminalitaet groesser wird. Sie bringen ihn noch vor dem Abendessen zur Polizei, die Nacht ueber wollen sie ihn nicht hier behalten. Er soll vor unserem Nachtwaechter geschuetzt werden, in dessen Dorf werden Diebe naemlich umgebracht oder ihnen wird ein Ohr abgeschnitten. Normal ist es auch hier in der Stadt, dass alle Menschen auf einen Dieb einschlagen und mit Steinen bewerfen...wenn er Glueck hat, ist er noch am Leben, wenn die Polizei eintrifft. Ein Gesetz fuer so einen Massentodschlag gibt es nicht, es bleiben also dann alle unbestraft.

Und meine andere 1. Klasse

Meine Lieblingsklasse

Montag, 4. Februar 2008

Schule oder Militaer?

Um halb acht schwingen wir uns auf unser 'Luxusbike'...zu zweit auf eines, weil wir zu wenig Raeder haben. Wegen Ueberlastung muessen die deshalb alle paar Minuten zu den Fundis. Das sind die netten Maenner, die im 50-Meter-Abstand am Strassenrand 'Radwerkstaetten' eroeffnet haben, d. h. ein paar Fundis liegen unter einem Baum und haben fuenf Schraubenzieher und zwei Fahrradschlaeuche beinahe alibimaessig vor sich liegen. Natuerlich gibt es auch unter ihnen richtige Schaffer, aber im Grunde scheint es mir wohl eher ein etwas ruhigeres Business;-).
Der erste Teil der Strasse ist geteert, der zweite nicht und wird gerade jetzt waehrend der Regenzeit zu einer taeglichen Herausforderung. Kurz vor Schulbeginn findet ein Morgenappell statt, hinder dem sich jedes 'Antreten' der Bereitschaftspolizei in Dachau verstecken kann - Abzaehlen, Koerpervisitation, Hand auf's Herz und die Hymne wird getraellert, mit Trommeln begleitet. Anschliessend Abmarsch ins Klassenzimmer im Gleichschritt und wer zu spaet kommt darf schon mal die erste Stunde vor der Schule knien.
Der Unterricht laeuft bei den meisten Lehrern aehnlich militaerisch ab. Mein Lieblingslehrer Amos beginntoftmals mit dem 'stand up - sit down - Spiel'...er schafft es auch durchaus, das Ganze zehn Minuten durchzuziehen. Bei meiner Frage nach dem Sinn kriege ich die Antwort: Damit sie nicht einschlafen - ok, das ist ein Argument, da ich mir durchaus vorstellen kann, dass sein Unterricht geradezu zum Schlafen einlaedt.
Mama Devotha, deren Assistentin ich bin, habe ich den Namen paedagogische Wildsau gegeben, wobei ich mittlerweile eher zu einem weniger gefaehrlichen Hausschwein tendiere, da man hinter dem energischen Auftreten, bei dem sie ihre Koerperfuelle und den Holzstock in der Hand bewusst einsetzt, einen durchaus guten Kern vermuten kann. Am Anfang hatte ich so meine Problemchen mit ihr, da sie mich als ihre persoenliche 'Faulheitsvertretung' eingesetzt hat. Das ist bei einer ersten Klasse mit 50 Schuelern, die nahezu kein Englisch verstehen und einer Europaeerin, die niemals einen Stock in die Hand nehmen, geschweige denn gebrauchen wuerde, schon sehr anstrengend. Aber es hat geklappt, die Schulleiterin war baff und hat mich gefragt, ob ich schon mehr Lehrerfahrung haette. Ich hab einfach bejaht, weil es mir zu kompliziert war, ihr von dem vererbten 'Vernichtungsblick' zu erzaehlen (DANKE Papa *lach*). Wenngleich es auch nicht besonders schoen ist, die Kinder nicht mit interessantem Unterricht bei Laune zu halten. Bei der Unterrichtsgestaltung musste ich mich aber genau an die Uebungen aus dem Buch halten und durfte auf keinen Fall aus dem Zeitplan geraten, das ist mir nur einmal passiert und ich wurde sofort darauf hingewiesen...pole-pole...langsam-langsam!!
Mittlerweile habe ich mich durchgesetzt und nehme waehrend den Stunden die Schwachen heraus und foerdere sie zusaetzlich oder vertrete kranke Lehrkraefte. Geblieben sind mir 90 Hefte am Tag zu korregieren, aber das mache ich irgendwie auch gerne und Mama Devothas typisch afrikanische Art ist oft zum Bruellen komisch, besonders wenn sie zu den Trommeln des Appells im Lehrerzimmer ihre Hueften schwingt kann ich mich kaum noch halten.
Zudem waere es ungerecht afrikanische Schulen und Lehrer mit deutschen zu vergleichen, da wir viel bessere Mittel und kleinere Klassen haben. Zudem hat die Schule, an der ich hier in Tabora einen super Ruf, an den staatlichen sind naemlich 100 - 200 Schueler in einer Klasse und Stockschlaege sind normal...bei uns sind diese grundsaetzlich verboten und kommen deshalb auch nicht sooo oft vor. Ich musste es bis jetzt noch nie mit ansehen und darueber bin ich gottfroh - weil wie jeder weiss sind meine Reaktionen im Allgemeinen oftmals nicht immer ganz so diplomatisch und durchdacht *lach*!

Dienstag, 29. Januar 2008

Heri der Juengste, Nico der Neue und Netti

Afrika erwacht

Der Muezzin betet mich morgens um fuenf Uhr wach, bald darauf kann der Hahn sich auch nicht mehr zurueckhalten und schreit seinen Morgengruss...Afrika oeffnet seine Augen - ich hingegen drehe mich nochmal um und wuensche mir eine Grippe mit Heiserkeit fuer den Muezzin und den Hahn samt Anhang vor meinem Zimmerfenster als Abendessen fuer die Jungs...die wuerden sich vielleicht freuen. Letztens hatte Heri, der Juengste, einen kugelrunden Bauch und ich hab ihn nach dem Grund gefragt. Er hat mich angestrahlt als waere ihm gerade das Christkind begegnet und meinte "dada, we ate meat from a pig"...
Aber nun zurueck zu einem der vielen Morgen in Tabora. Ich kaempfe mich aus meinem Moskitonetz, eine schnelle Katzenwaesche und ab geht's zum Fruehstueck. Die Koechin hat schon Chapati (indische Pfannenkuchen ohne Ei) fuer uns gemacht und die lassen wir uns mit Honig (liebe Gruesse an das Paletti-Team von der Honigfrau) und einer Tasse "Africafe" mit viel Milch schmecken - mhhhh!! Das Fruehstueck ist fuer mich - wie auch schon Zuhause - etwas ganz besonders Schoenes...danach gehtes auf in den Tag!!

Dienstag, 22. Januar 2008

Bei den Sisters

Ema hat Polio und sitzt mittlerweile im Rollstuhl. Er kann also auf Dauer wegen des hohen Pflegeaufwandes nicht hier bleiben, ist aber wahnsinnig interessiert und auch sehr clever, z. B. hat er mit meiner Kamera schon super Fotos gemacht und erklaert den Jungs in der study-time auch mal was auf Suaheli, wenn sie es auf Englisch nicht verstehen wollen - was aber durchaus auch an meinem hervorragendem Englisch liegen kann *lach*. Er soll auf alle Faelle weiterhin auf eine Schule gehen koennen, das will auch Father Samy. Eine Moeglichkeit waere ihn bei den Sisters unterzubringen. Samy will mit ihnen sprechen und nimmt uns mit, damit wir die Arbeit der Sisters kennen lernen.
Wir werden in einem wunderschoen gepflegten Garten herzlich empfangen. Was mir schon laenger auffaellt ist, dass die Nonnen, Brueder und Pfarrer hier den Menschen viel naeher sind - zudem bekommt man bei ihrem Anblick nicht gleich ein schlechtes Gewissen, weil man letzten Sonntag nicht in der Kirche war und den davor auch nicht, weil zwischen der letzten Beichte und heute mehr als 10 Jahre liegen und man generell nichts vom Beichten haelt, weil man es doch kaum "abbeten" kann, wenn man beispielsweise jemanden kaltbluetig umgebracht hat!? Nein, also das ist mir zu einfach. Aber zurueck ins Mutter Theresa Heim. Eine der Schwestern macht "die Runde" mit uns, welche uns zuerst ins Babyzimmer fuehrt. Die Kleinen werden von einer Frau ohne Beinen und einer Schwester betreut und das Juengste ist gerade mal 2 Wochen alt. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schlecht es mir gehen muesste, damit ich es auf der Strasse liegen lasse. Aber hier gibt es durchaus solche unvorstellbaren Situationen, ein Kind nicht ernaehren zu koennen und man darf auch nicht vergessen, dass die Leute hier andere Probleme haben als "wie wird aus meinem Kind ein Genie". Eigentlich will ich kein Baby auf den Arm nehmen, weil ich dieses "oh wie arm und suess - duzi, duzi" fuer fuenf Minuten ziemlich daneben finde, aber die Haende der Betreuerinnen sind besetzt und ein Baby sitzt auf dem Boden und hoert nicht auf zu schreien. Ich nehme es auf den Arm und beruhige es (mit wunderschoenem Gesang *lach*)...als wir wieder weiter muessen krallt es sich aber so fest und bruellt, dass ich es nicht ueber's Herz bringe, es weg zu reissen. Eine der Frauen bemerkt meine Zwickmuehle und legt ihr King beiseite, um meines zu "uebernehmen". Puh, bin ich froh, dass ich nicht hier arbeite, sonst haetten meine Eltern bestimmt schon mindestens ein Enkelkind mehr.
Weiter geht es zu den Kleinkindern. Als wir die Tuere oeffnen erschrecke ich - ein kahler Raum ohne Spielzeug...nur der Betonboden und viele, viele Kinder. Ich wusste gar nicht, wie faszinierend der Reissverschluss meiner Hosentasche ist...sie greifen sofort nach allem, womit man auch nur im geringsten spielen kann. Man erklaert uns, dass sie alle Spielsachen sofort kaputt machen wuerden, aber ein paar Holzkloetze waeren meiner Meinung nach schon schoen. Jetzt weiss ich auch, warum unser Moses so ein Traeumer ist. Er ist in diesem Heim aufgewachsen und traeumen war der einzige Weg, diesem grauen Zimmer zu entkommen.
Am Boden sitzt ein Maedchen mit einem Klumpfuss, sie hat eine schwere Operation hinter sich und die Fliegen machen sich ueber die Wunde her. Ich finde es grausam und versuche sie zu verscheuchen - ihr dagegen scheint die Kraft dafuer schon ausgegangen zu sein - verstaendlicher Weise!
Im naechsten "Trakt" begruessen wir die alten Menschn und scheinen eine willkommene Abwechslung im Alltag zu sein, es ist schoen sie lachen zu sehen und ihnen die Hand schuetteln zu duerfen. Am Schluss begruessen wir die koerperlich und geistig Behinderten. Viele haben einen Klumpfuss oder gar keine Beine, ein schwarzes Loch im Schaedel anstatt einem Auge, zum ersten Mal nehme ich Lepra als Krankheit bewusst wahr, ein Mann kriecht am Boden...normalerweise haette ich Beruehrungsangst, aber hier wundere ich mich ueber mich selbst. Die einzigen, bei denen ich Probleme habe, auf sie zuzugehen sind die geistig Behinderten, die staendig "wie verrueckt" loslachen - ich weiss nicht warum und schaue etwas unsicher nach rechts zu Fizzi. Sie stockt auch etwas und wir sind beide froh, als wir die Gruppe "ueberspringen" koennen, weil die Pflegerin uns bereits zu den naechsten winkt.
Als wir wieder im Garten sind scheinen alle recht froh zu sein, es wird nicht mehr viel gesprochen, jeder muss die letzte Stunde erst einmal verarbeiten. Aber in einer Sache sind wir uns einig, was die Sisters hier leisten ist unvorstellbar und es gibt nicht viele Menschen mit soviel Mut und Kraft!
Doch Ema wuerde sich hier nicht wohl fuehlen, hoffentlich finden wir einen anderen Weg fuer ihn!!

Mittwoch, 16. Januar 2008

"Im Paradies" oder "die ersten Traenen"

Am Wochenende waren wir in Itaga, einem Dorf das ca. 20 km - also eine halbe Weltreise - von Tabora entfernt liegt. Bei der Autofahrt dorthin habe ich mich zum ersten Mal gefragt, ob eine Ueberfuehrung in meiner Auslandskrankenversicherung eingeschlossen ist *lach*! Es gibt hier kaum asphaltierte Strassen, die meisten Hauptverkehrswege sind Sandstrassen mit Schlagloechern, die so gross und tief sind, dass sie fast mit Papas "Teich" ;-) mithalten koennen. Wenn ein Auto kmmt, was nicht sooo oft der Fall ist, dann wird gehupt und die Menschen auf den Fahrraedern fahren an die Seite oder vor Schreck gleich weiter in den Graben *lach*. Die Nebenstrassen sind unbeschreiblich, unsere Feldwege sind Highways dagegen!!!
In Itaga war es wunderschoen. Der Garten des Priesters, bei dem wir gewohnt haben war ein Paradies mit Bananen-, Orangen-, Zitronen-, Papaja-, Maracujabaumen...
Am Samstag haben wir am Igombe See gepicknickt und es war alles wunderbar, bis mich ein Insekt gestochen hat. Es war, als wurde in kuerzester Zeit das Gift in mir ausbreiten, ich wurde knallrot (mit weissen Punkten - sehr schick;-)), die Ohren und der Gehoergang sind angeschwollen, die Luftroehre tat sehr weh und es hat alles so wahnsinnig gejuckt. Nach laengerem hin und her haben wir dann eine deutsche Aerztin aus Tabora telefonisch erreicht. Sie hat mir versichert, dass die Luftroehre wenn dann innerhalb der ersten Stunde zugemacht haette, zudem hat sie mir Tabletten empfohlen und sollte es nicht besser werden, wuerden sie mich sofort abholen - das war schon mal sehr beruhigend. Der Priester hat dann irgendwie und irgendwo die Medikamente aufgetrieben - und schon nach einer Stunde war es schon sehr viel besser. Die Leute hier tippen auf einen kleinen Skorpion, ich kann es nicht sagen, weil ich es unterm T-Shirt gepackt und sofort weg geworfen habe.
Der naechste Tag war dafuer umso schoener, wir sind in ein total abgelegenes Dorf gefahren, wo der Priester eine Messe gehalten hat - mit Trommeln und viel Gesang. Es wurden auch noch sechs Kinder getauft und der Dorffotograph hat ein Foto von den "Musungus" (Europaeern) und der ganzen Gemeinde gemacht. Als ich ihm meine Kamera in die Hand gedrueckt habe war er etwas ueberfordert, aber er hat es geschafft;-)!! Naechste Woche kann ich Euch hoffentlich ein paar Fotos zeigen!

Mittwoch, 9. Januar 2008

Das Ziel

Am Flughafen warten Judith, Tini und Fizzi auf mich. Sie werden noch bis Anfang Februar hier sein und darueber bin ich sehr froh! Sie haben mir den Start im Foster childrens home total leicht gemacht.
Als wir ankommen spilen die Jungs Fussball. Ein paar kommen gleich angelaufn und wollen wissen, wie die neue Sister denn so ist. Das erste, was ich auspacke ist mein Verbandsmaterial fuer Rama, der sich beim spielen ein Stueck vom kleinen Zeh weg gerissen hat, das noch mehr schlecht als recht am Zeh haengt (mittlerweile hat der Brother es mit der Schere abgeschnitten, damit er nicht immer haengen bleibt). Fizzi warnt mich, vorsichtig zu sein, weil sie nicht wissen, wer von den Kinder HIV-infiziert ist. Ich bin froh es nicht zu wissen, vielleicht wuerde man unbewusst dann doch anders mit denjenigen umgehen.
Nach einer Dusche, die aus einem Schoepfgefaess und einem Eimer Wasser besteht (klappt besser als erwartet), essen wir zusammen und ich erfahre von den Maedels so einiges ueber Father Samy, den Leiter des Projekts, Brother Innocent und die Kinder. Die Kinder wohnen im Haus nebenan, es ist in Afrika nicht ueblich, dass Kinder und Eltern zusammen wohnen. Wir treffen sie nach dem Essen im Hof.
Anders als erwartet macht mir nicht das einfache Leben zu schaffen, sondern mehr die Kinder. Es sind gebrannte Kinder, die sehr auf der Suche nach Naehe und Aufmerksamkeit sind. Damit habe ich gerechnet, doch wenn so viele fremde Haende an dir zerren kann das schon mal sehr anstrengend werden. Aber ich kann jeden Tag besser damit umgehen und koennte ein paar wirklich fressen, so lieb sind sie. Besonders gern hab ich Moses (er wurde auf der Strasse gefunden und von Schwestern aufgezogen, deswegen der Name), er ist ein Traeumer so wie ich!

Montag, 7. Januar 2008

Der Weg

Als ich endlich - meinem Ziel ganz nah - im Flieger Richtung Tabora sitze, wartet ein kleines Maedchen schon neugierig auf ihre Platznachbarin fuer diesen Flug. Sie strahlt mich mit ihren grossen schwarzen Augen an, es bedarf keiner Worte - wir moegen uns. Langsam schiebt sie ihren Arm in meine Richtung und beruehrt mich...so fuehlt sich also weisse Haut an:-). Als ich versuche ein wenig zu schlafen, schrecke ich hoch, als ich etwas in meinen Haaren spuere - sie zieht ihre Hand schnell zurueck und wir muessen beide lachen.
Ich habe wahnsinnigen Durst, als endlich der Steward kommt und uns zwei Dosen Fanta bringt. Meine Dose ist schnell leer und sie bietet mir sofort an, ihre Dose mit mir
zu teilen, als sie es bemerkt - ich bin hin und weg...EIN TOLLER START IN DIE FREMDE WELT!!

Der Weg